20.06.2024

Die Bedeutung der Erneuerbaren Energien für den Wirtschaftsstandort Deutschland

Inspirationen aus Hamburg für Mecklenburg-Vorpommern

Die Landesenergie- und Klimaschutzagentur Mecklenburg-Vorpommern (LEKA MV) war kürzlich zu einer informativen Pressereise zum Thema „Die Bedeutung der Erneuerbaren Energien für den Wirtschaftsstandort Deutschland“ nach Hamburg eingeladen. Organisiert von der Agentur für Erneuerbare Energien bot die Reise interessante Einblicke in die Ansätze und Projekte, die die Stadt Hamburg und Hamburger Unternehmen in den Bereichen Erneuerbare Energien, Nachhaltigkeit und Klimaschutz vorantreiben. Wir möchten einige Erkenntnisse und Impulse teilen, um Akteure in MV zu motivieren, sich von den Hamburger Erfahrungen inspirieren zu lassen.

Hintergrundgespräch mit Energie- und Innovationsexperten

Das Treffen begann mit einem anregenden Kamingespräch, bei dem Johannes Müller (MdHB, GRÜNE Bürgerschaftsfraktion Hamburg), Mike Blicker (Koordinator des Norddeutschen Reallabors) und Jens Monsees (Leiter Projektmanagement Windkraft bei neowa GmbH) über den aktuellen Stand der Transformation und die Hürden auf dem weiteren Weg diskutierten. Beeindruckend war das Norddeutsche Reallabor, das als innovatives Verbundprojekt, neue Wege zur Klimaneutralität erproben will. Dazu werden besonders energieintensive Produktions- und Lebensbereiche schrittweise dekarbonisiert und auf erneuerbare Energien umgestellt – insbesondere in der Industrie, aber auch in der Wärmeversorgung und im Mobilitätssektor. Die Modellregion des Norddeutschen Reallabors mit über 50 Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik umfasst die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein, das westliche Mecklenburg-Vorpommern sowie Bremerhaven.

Besonders interessant war auch die hohe Recyclingquote von Windenergieanlagen. Dies ist ein wichtiger Punkt in der öffentlichen Diskussion, da oft behauptet wird, dass insbesondere die Rotorblätter Sondermüll darstellen. Tatsächlich können bereits heute theoretisch bis zu 98% einer Windenergieanlage recycelt werden. Die tatsächliche Quote liegt bei 85%. So werden Schutzgase wie FS6 oder alle Öle abgesaugt und wiederverwertet. Und die Rotorblätter aus GFK werden in einem patentierten Verfahren zu Sandersatz für die Zementindustrie recycelt.

Blick in den Bauschacht für den Fernwärmetunnel, mit dem der Energiepark Hafen ans Hamburger Fernwärmenetz angeschlossen wird.

Effiziente Verarbeitungsprozesse und nachhaltige Biokraftstoffe bei ADM Hamburg

Der Besuch bei der ADM Hamburg AG verdeutlichte die Bedeutung effizienter Verarbeitungsprozesse und nachhaltiger Biokraftstoffe. ADM betreibt den größten Ölsaatenverarbeitungs- und Raffineriekomplex in Europa, in dem Rapssaaten und Sojabohnen zur Verwendung in Margarinen und Pflanzenölen, Bäckereiprodukten, Bratanwendungen, pharmazeutischem Glyzerin und Biodiesel verarbeitet und raffiniert werden.

ADM ist der führende Hersteller von Biodiesel in Deutschland und Europa. Die Produktion ist insgesamt sehr energieintensiv, ADM ist der zweitgrößte Verbraucher in Hamburg. Aus diesem Grund ist das Unternehmen stark an Ressourcenschonung und Klimaschutz interessiert. Durch den Einsatz eines eigenen Kraftwerks und die Nutzung von Prozessabwärme konnten in den letzten Jahren bereits große Effizienzsteigerungen erzielt werden.

Obwohl Rapsöl in Europa reichlich vorhanden ist und Raps eine wichtige Rolle in der Fruchtfolge spielt und damit den Landwirten ein gutes Einkommen sichern kann, wird der Markt derzeit gestört durch chinesische Exporte von umdeklarierten Altspeiseöl als Palmölersatz, das in der EU seit zwei Jahren verboten ist.

Auf dem Betriebsgelände der ADM Hamburg AG. Im Hintergrund das betriebseigene Kraftwerk. (Foto: AEE)

Hamburgs Hafen als Clean Port & Logistics Cluster

Bei der anschließenden Hafenbesichtigung ging es um innovative Projekte zur Dekarbonisierung der Hafenlogistik. Das Clean Port & Logistics Cluster will wasserstoffbetriebene Geräte in der Hafenlogistik erproben, um die Dekarbonisierung von Umschlag- und Transportprozessen voranzutreiben. Dass dies von großer Bedeutung ist, zeigen folgende Zahlen: Ein Kreuzfahrtschiff mit 7.000 Menschen an Bord verbraucht am Tag so viel Strom wie eine Kleinstadt mit 22.000 Einwohnern. Der Strombedarf eines großen Containerschiffes liegt bei etwa 5 MW (mit der Leistung könnten ca. 3.000 Haushalte versorgt werden) und ist zudem noch sehr wechselhaft. Bisher decken die Schiffe ihren Energiebedarf selbst und nutzen dafür in der Regel Schweröl, was sehr umweltbelastend ist. Im Hamburger Hafen wird daher sukzessive der Ausbau mit Landstromversorgung und der Bau neuer Windkraftanlagen vorangetrieben. Am Container Terminal Altenwerden CTA ist man schon sehr weit. Ziel ist es, das erste klimaneutrale Terminal der Welt zu werden.

Vertreter der Hamburg Port Authority (HPA) und der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) berichteten außerdem über die Initiative Sustainable Energyhub, die im Rahmen des Hafenentwicklungsplans 2040 eine wichtige Rolle spielt. Ziel ist es, vorrangig Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien anzusiedeln. Der Umschlag, die Produktion, die Distribution und die Nutzung nachhaltiger Kraft- und Brennstoffe stellt als Wachstumsmarkt eine große wirtschaftliche Chance für den Hafen dar. Schon heute ist der Hamburger Hafen selbst Energieproduzent und will dies in Zukunft weiter ausbauen.

Darüber hinaus wird der Import von Energieträgern für die Versorgungssicherheit Deutschlands elementar. Wasserstoff und Wasserstoffderivate wie Methanol, e-Fuels, z.B. für die Hamburger Luftfahrtindustrie und Schifffahrt, werden für den lokalen und deutschen Markt importiert. Ein eigenes Terminal für grünes Ammoniak soll 2027 in Betrieb gehen. Daraus kann dann Wasserstoff erzeugt und in das Wasserstoffkernnetz eingespeist werden. Am Container Terminal Toller Ort CTT wird in Kürze die erste Wasserstoff-Tankstelle für Lkw eröffnet.

Landstromeinrichtung im Hamburger Hafen (Foto: Thomas Stritz/LEKA MV)

Energiepark Hafen und Fernwärmetunnel

Ein weiteres Highlight war die Besichtigung der Baustelle des Energieparks Hafen, wo die Hamburger Energiewerke (HEnW) einen modularen und klimafreundlichen Kraftwerkspark errichten.

Dieser soll bereits 2025 das Heizkraftwerk Wedel ersetzen und bis 2030 die Fernwärme, die in Hamburg stark ausgebaut werden soll, komplett ohne Kohle erzeugen. Dazu werden mehrere klimaneutrale Wärmequellen eingebunden. So wird Abwärme aus der thermischen Abfallverwertung, aus energieintensiven Industrien im Hafen und aus Kläranlagenprozessen genutzt, wodurch jährlich bis zu 360.000 Tonnen CO2 eingespart werden.

Um die Haushalte nördlich der Elbe mit Fernwärme aus dem Süden zu versorgen, bauen die Hamburger Energiewerke derzeit eine neue Fernwärmeleitung unter der Elbe. Der Fernwärmetunnel wird ca. 1.200 m lang sein und in einer Tiefe von ca. 30 m verlaufen.

Senator Jens Kerstan erläuterte die umfangreichen Investitionen in die Fernwärmeinfrastruktur. Insgesamt werden fast 3 Milliarden Euro investiert, die von den städtischen Unternehmen selbst aufgebracht werden. Trotzdem gibt es das Versprechen der Stadt an die Endverbraucher, dass Fernwärme in Zukunft nicht mehr kosten wird als fossile Energie.

Umweltsenator Jens Kerstan (3. vl) auf der Baustelle zur Leitungsanbindung des Energieparks Hafen. Im Hintergrund die Elemente für den Fernwärmetunnel. (Foto: AEE)

Herausforderungen und Fazit

Während der Reise wurden auch Herausforderungen angesprochen. Dazu gehören vor allem der Mangel an Fachkräften und technischen Ressourcen sowie die Notwendigkeit politischer Rahmenbedingungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien und der notwendigen Infrastruktur.

Die Pressereise nach Hamburg bot wichtige Einblicke und konkrete Beispiele, wie erneuerbare Energien und nachhaltige Projekte mit viel Energie umgesetzt werden. Interessant ist auch, dass die Stadt Hamburg bereits 2019 die Hamburger Energiewerke zurückgekauft hat. Politische Entscheidungen des Senats können so deutlich einfacher und schneller umgesetzt werden.

Mecklenburg-Vorpommern kann von diesen Erfahrungen profitieren, um eigene Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien und des Klimaschutzes noch stärker voranzutreiben und gleichzeitig die heimische Wertschöpfung zu stärken. Der Wissensaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern können dabei helfen.

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