21.02.2022
„Es lohnt sich nie, zu warten.“
Bis zu 30 % der deutschen Stromerzeugung stemmten Photovoltaik-Anlagen im vergangenen Jahr an sonnenreichen Tagen. Ob auf Dach, Balkon, Wand oder auf der freien Fläche – die Möglichkeiten sind vielfältig und es gibt keine Argumente, die gegen eine Nutzung sprechen. Im Gegenteil: Mit Stromgestehungskosten ab 3 Cent/kWh sind PV-Anlagen geradezu beeindruckend wirtschaftlich, machen unabhängiger von Energiepreisanstiegen und reduzieren den CO2-Ausstoss. MVeffizient hat mit Petra Schmigalle, Senior Sales Managerin beim Modulhersteller Meyer Burger (Industries) in Freiberg, darüber gesprochen, welche Vorteile die Produktion in Deutschland hat und warum sich die Anschaffung einer PV-Anlage gerade für Unternehmen lohnt.
MVeffizient: Im Mai 2021 eröffnete der Schweizer Technologiekonzern Meyer Burger eine Zellproduktion in Bitterfeld und ein Modulwerk in Freiberg mit einer Produktionskapazität von jeweils 400 Megawatt. Bis 2026 soll die Produktion auf 5 Gigawatt ausgebaut werden. Nach dem Zusammenbruch der deutschen Solarbranche vor ca. 10 Jahren sind das tolle Neuigkeiten. Was hebt Sie von der Konkurrenz in Asien ab?
Petra Schmigalle: Zunächst ist das natürlich ganz klar das Argument „Made in Germany“, was mittlerweile sehr viel mehr bedeutet, als hohe Qualität abzuliefern. Neben dem selbstverständlich höchsten Qualitätsanspruch geht es uns ebenso um einen geringen CO2-Fußabdruck, weil unsere Produkte nicht um den halben Globus transportiert werden müssen. Auch verstehen wir Nachhaltigkeit nicht nur als Werbeversprechen, sondern sehen darin eine Anforderung an all unser Handeln, z. B. versorgen wir unsere Produktionsstätten zu 100 % mit Strom aus Erneuerbaren Energien. Nicht zuletzt steht für uns hinter „Made in Germany“, dass wir unter Berücksichtigung höchster sozialer und ethischer Standards produzieren und einkaufen, also u. a. darauf wertlegen, dass – wenn wir aus entfernten Ländern Materialien beziehen – Kinder- und Sklavenarbeit zweifelsohne ausgeschlossen werden. Etliche technologische Besonderheiten und dass wir als ehemaliger Maschinenhersteller die modernsten Produktionslinien in unseren Werken beherrschen können, hebt uns in jedem Fall ebenso von unseren Marktbegleitern ab. Darauf freue ich mich in meinem Vortrag auf Ihrem MVeffizient-Stammtisch am 8. März 2022 im Detail einzugehen.
MVeffizient: Die Preise für PV-Module sind nach einem rapiden Preisabfall in den vergangenen Jahren nun wieder im Anstieg. Woran liegt’s und lohnt es sich zu warten, bis die Preise wieder sinken?
Petra Schmigalle: Es lohnt sich nie, zu warten. Warum? Zu jedem Zeitpunkt in den letzten 20 Jahren war es sehr lohnenswert eine eigene PV-Anlage zu installieren: entweder war die Einspeisevergütung hoch oder der eigene erzeugte PV-Strom war günstiger als der, der aus Steckdose kam. Letzteres ist immer noch so und wird in jedem Fall bei unaufhaltsam steigenden Strompreisen auch so bleiben, selbst wenn der Preis für Module nicht wieder sinkt. Übrigens ist der mit einer PV-Anlage erzeugte Strom der mit Abstand günstigste; das schafft kein mit Kohle oder Atomkraft angetriebenes Kraftwerk. Auch bei einem höheren Modulpreis, den KundInnen für ein hochwertiges Premium-Modul aus deutscher Produktion bezahlen, beziehen sie vom eigenen Dach die Kilowattstunden günstiger als vom Energieversorger.
MVeffizient: Bei der aktuellen Einspeisevergütung lohnt sich das Einspeisen ins Netz im Gegensatz zu früher nicht mehr. Warum sollten Gewerbetreibende trotzdem in eine PV-Anlage investieren?
Petra Schmigalle: Gerade Gewerbetreibende können hervorragend hohe Eigenstromverbrauchsquoten erzielen, da hier der Großteil des Stroms am Tag, wenn die Sonne scheint, benötigt wird. Selbst ohne Speicher sind häufig 80, 90 und auch 100 % nicht selten. Natürlich empfiehlt es sich, die PV-Anlage auch entsprechend des eigenen (zukünftigen) Strombedarfs zu dimensionieren. Zumal die steigenden Strompreise nicht nur PrivatkundInnen betreffen und die Energiekosten bei Gewerbetreibenden einen hohen Anteil der Ausgaben ausmachen, die nur geringfügig aus eigener Initiative verringert werden können.
MVeffizient: Wirtschaftsminister Robert Habeck versprach Mitte Januar bei der Vorstellung der aktuellen Klimabilanz ein Solarbeschleunigungspaket mit besseren Fördersätzen. Was wünschen Sie sich von der Politik?
Petra Schmigalle: Bei allen Maßnahmen zur Erhöhung der Anzahl der PV-Anlagen und sonstiger Stromerzeugungsanlagen aus Erneuerbaren Energien darf das Allerwichtigste nicht vergessen werden: wir brauchen das Handwerk! Wir brauchen diejenigen, die die PV-Anlagen planen, die neue Stromquelle in den bestehenden Energiehaushalt einbinden und die Module müssen natürlich auch auf dem Dach montiert werden. Zu oft vergessen wir, dass wir in diesem Bereich vielleicht am dringendsten ein „Beschleunigungspaket“ brauchen.
MVeffizient: Installateure und Kunden müssen sich derzeit gedulden, weil es für diverse Bauteile wie z. B. für die Unterkonstruktion, Endklemmen oder Halbleiter Lieferengpässe gibt. Wie sieht es bei Ihnen aus, wenn die Nachfrage aufgrund neuer politischer Anreize oder Pflichten nach Modulen steigt?
Petra Schmigalle: Unser Vorteil ist ganz klar, dass wir in Deutschland produzieren und nicht im gleichen Maße von Zulieferern abhängig sind wie viele am Markt. Unser aktueller Nachteil ist aber auch noch, dass wir erst seit Mitte letzten Jahres produzieren und eben noch nicht mehrere Gigawatt – wo sich doch dann ein echter Preisvorteil bemerkbar macht. Doch die gute Nachricht ist, dass unsere Produktionskapazität unaufhaltsam steigt, unsere Ausbaupläne zwar ambitioniert, aber realistisch und finanziell abgesichert sind. Natürlich wäre es wünschenswert, dass die Abhängigkeit von verschiedenen Entwicklungen überall auf der Welt, die besonders die COVID19-Pandemie zum Vorschein gebracht hat, wieder etwas entspannter wird. Doch das hängt gerade in unserer Branche auch davon ab, wieviel wieder in Deutschland und Europa für das Bedienen der lokalen Märkte produziert wird. Vielleicht läutet unser Weg da ja sogar einen Trend ein.